free counters

Montag, 29. November 2010

Advent, Advent, ein Lichtlein brennt



Mittlerweile bekomme ich hier in den USA viele Sachen, die ich anfangs aus Deutschland vermisste. Milka, Toblerone und Ritter Sport findet man fast in jedem Lebensmittelgeschaeft und zu unverschaemt hohen Preisen kann man sogar Dr. Oetker Backhilfe oder Boecklunder Wuerstchen kaufen. Doch jedes Jahr vor dem 1. Advent mache ich mich wieder vergeblich auf die Suche nach Adventskranzkerzenhaltern.

In den letzten Jahren habe ich herausgefunden, wo ich einen fertig gebundenen Kranz kaufen kann, den ich dann mit Baendern und Kugeln verziere. Alljaehrlich benutze ich den selben Teller als Untersatz. Die Suche nach den Kerzen bringt mich dann fast um den Verstand. Entweder sie sind zu klein oder zu gross oder sollen $4 pro Stueck kosten. Ausserdem gibt es keine Kerzenhalter. Den Gedanken, einfach einen Nagel von unten in die Kerze zu stecken und damit am Kranz zu befestigen verwerfe ich schnell. In Gedanken hoere ich die Stimme meines amerikanischen Mannes, der die Deutschen fuer verrueckt haelt, weil sie echte Kerzen am Baum oder auf 'nem Kranz benutzen.

Also gehe ich wieder auf Nummer sicher und kaufe eine grosse Kerze, die ich in die Mitte des Kranzes stelle. So wird bei uns weiterhin nur ein Lichtlein brennen, bis zu dem Tag im Hochsommer, wenn mich mal wieder jemand fragt, was ich mir aus Deutschland wuensche und mir zufaellig die Adventskranzkerzenhalter einfallen.

Freitag, 3. September 2010

Santa Monica Pier



Der Santa Monica Pier ist ein beliebtes Ausflugsziel fuer Touristen und Angelenos. Auf dem Pier bietet ein Vergnuegunspark "Aektschn" fuer die Kinder. Es gibt ein Riesenrad, Autoscooter und unzaehlige Wurfbuden, an denen man versuchen kann, ein weiteres Plueschtier zu gewinnen. Neben Starbucks und einigen Fressbuden gibt es auch ein gemuetliches mexikanisches Restaurant und das "Bubba Gump" Restaurant, welches von dem Film "Forrest Gump" inspiriert wurde. Die kleinen Laeden verkaufen Postkarten und kitschige Andenken und schlaue Strassenmusikanten verdienen sich hier etwas Geld.



Unter dem Pier befindet sich ein kleines Aquarium, in dem man Meerestiere bewundern und anfassen kann. Parallel zum Strand verlauft ein geteerter Fahrrad/Rollerblade-Weg auf dem man mit dem gemieteten Fahrzeug nur wenige Minuten bis nach Venice Beach benoetigt. Das Wasser ist in Santa Monica nicht ganz so sauber wie in Malibu, aber wem es mehr aufs "Rumgucken" ankommt, der kann es sich hier am Strand gemuetlich machen.

Donnerstag, 2. September 2010

"Ich nix verstehen"

Als Europaer ist man dank' dem Fremdsprachenunterricht in der Schule, der alljaehrlichen Reise nach Italien oder einem Abendkurs an der Volkshochschule auf das Zusammentreffen mit einer anderen Sprache einigermassen vorbereitet. Mit Englisch kann man sich mittlerweile fast auf der ganzen Welt verstaendigen. Wenn das Schul-Franzoesisch auch etwas eingerostet ist, reicht es notfalls dafuer, sich nach dem Weg zum Bahnhof zu erkundigen oder sich ein Croissant zum Cafe au Lait zu bestellen. Doch wie sieht es aus, wenn man gaenzlich unvorbereitet ins kalte Wasser geschmissen wird?

Zum ersten Mal in meinem Leben wurde ich mit der Situation konfrontiert, in der ich mich ueberhaupt nicht verstaendigen konnte und mir total daemlich vorkam. Ich konnte noch nicht mal "Ich nix verstehen" hervorbringen. Nach einem 2-stuendigen Einfuehrungskurs in die Kultur der Gehoerlosen und der Aneignung des Wissens, wie ich in meinem Geografie-Kurs Notizen fuer meinen tauben Kommilitonen aufschreibe, fand ich mich im Zentrum der Gehoerlosen wieder. Ausser dem Wort "danke" habe ich keine Ahnung von Zeichensprache und es war mir richtig peinlich, dass ich der jungen Dame nicht klarmachen konnte, was ich von ihr wollte. Schliesslich machte ich die Handbewegung fuer Schreiben und konnte ihr nun schriftlich mein Anliegen darlegen.

Kopfschuettelnd sass ich danach im Auto und ueberlegte, warum man in der Schule so viele unnuetze Dinge lernt, aber niemand die Grundlagen der Gebaerdensprache in den Unterricht integriert. In einer Welt, die immer mehr zusammenschrumpft, in der man 6 Laender an einem Tag besuchen kann und in der jeder BWL-Student japanisch studiert, moechte ich zumindest in der Lage sein in Gebaerdensprache zu sagen:"Tut mir leid, ich kann leider nicht gut Ihre Sprache, weil ich jahrelang Latein bueffeln musste, das ich nie anwenden konnte."

Donnerstag, 1. Juli 2010

Hai Alarm hat auch sein Gutes



Ein perfekter Tag fuer einen Strandbesuch ist meiner Meinung nach ein Tag wie heute. Wenn man sich im August auch gern im kuehlen Pazifik erfrischt, ist ein Strandtag bei "schlechtem" Wetter wesentlich entspannender - zumindest fuer eine Mutter. Anstatt Campingstuehle, Sonnenschirm, einen prallgefuellten Picknick-Korb, Sonnenkreme, Strandtuecher und diverse Badeanzuege einzupacken, greifen wir nur schnell Eimer und Schaufel und machen uns auf den Weg. Waehrend wir das Valley bei blauem Himmel und Temperaturen in den hohen zwanzigern hinter uns lassen, schwebt ueber dem Pazifik bei unserer Ankunft noch der Nebel und es sind vielleicht gerade mal 12 Grad.

Ein freier Parkplatz in unmittelbarer Strandnaehe ist im Nu gefunden. Die Kinder, die sich noch vor 20 Minuten um ein Lego gestritten haben, bauen jetzt in Teamarbeit einen Graben fuer die kleinen Strandkrebse. Gestern abend wurde in den Nachrichten durchgesagt, dass bis auf weiteres Hai-Alarm gilt und man moeglichst nicht Schwimmen soll. So bleibt mir jegliche Diskussion mit den Kindern erspart, die sich sonst so weit wie moeglich vom Ufer entfernen, damit sie beim Boogie-boarden die beste Welle erwischen.

Ich setze mich gemuetlich in meinen Campingstuhl, mummele mich in meine Decke ein und geniesse den Blick auf die friedlichen Kinder und die springenden Delfine.

Mittwoch, 30. Juni 2010

Therapie auf Japanisch



Als ich noch in Deutschland lebte, wollte ich immer in die Ferne reisen. Der Eifelturm schien viel interessanter als Schloss Neuschwanstein und die Cote d'Azur reizvoller als die Ostsee. Inzwischen habe ich erfahren, dass ich durchaus keine Ausnahme bin, sondern viele in die Ferne schweifen bevor sie ihre Heimat erkunden.

Die fruehen Sommerferien zwangen mich dazu, wieder einmal ein abwechslungsreiches Programm fuer meine Sproesslinge zu planen, damit sie sich (und mir) daheim nicht auf den Zeiger gehen. Gesagt, getan. Nachdem ich einen Kalifornien-Reisefuehrer vom hiesigen ADAC (AAA) besorgt hatte, bewaffnete ich mich mit einem Stift und machte mich auf die Suche nach neuen Abenteuern.

Dabei stiess ich auf eine kleine Oase. Nur 15 Minuten von uns entfernt liegt ein Japanischer Garten. Den grossen Balboa See, Park und Spielplatz besuchen wir schon seit Jahren regelmaessig, aber wer es nicht weiss, faehrt am Prachtstueck der Gegend vorbei. Wurde er vielleicht absichtlich schlecht ausgeschildert?

Der freundliche Parkwaechter erklaert mit einem Laecheln, dass man sich nach einer Stunde im Garten wie neugeboren fuehlt. Und der therapeutische Effekt der ruhigen und wunderschoenen Anlage laesst sich nicht verleugnen. Selbst meine beiden Jungs, die vor Energie nur so strotzen und am liebsten Remmi-Demmi um sich haben, geniessen die Stille und fragen begeistert:"Mama, wann koennen wir wieder hier herkommen. Es ist sooooo schoen!"

Dienstag, 25. Mai 2010

Ein Seeloewe in der Badewanne?



Dieses kleine Goldstueck ueberraschte uns bei unserem letzten Strandbesuch.

Schon vor Jahren haben wir gelernt, dass sich die meisten Meerestiere am fruehen Morgen in Strandnaehe blicken lassen. Im Winter (Dezember bis April) ziehen die Wale an der Pazifikkueste gen Norden und wer frueh aufsteht kann sie von Land aus sehen, ohne ein Boot zur "Whale Watching" Tour zu besteigen. Delfine springen zwischen Surfern aus den Wellen und sind Anlass zu vielen Begeisterungsrufen wenn sie in einer Herde vorbeiziehen. Ab und zu sieht man mal ein Seehundkoepfchen aus dem Wasser lugen, das im Kelbbett nach einem Snack sucht. Aber dass sich ein kleiner Seeloewe ( California Sea Lion) am Ufer sonnt, hat man an den belebten Straenden in Los Angeles nicht so oft.

Auf der Heimfahrt fragt mich mein Mann scherzend, ob ich den Kleinen wirklich nicht in den Kofferraum gepackt haette. Und so begeistert die Kinder auch davon waeren einen Seeloewen in der Badewanne zu finden, lassen wir die Natur natuerlich in Ruhe und hoffen, dass die Seeloewen-Mama bald mit einem dicken Fisch wieder bei ihrem Schaetzchen auftaucht.

Montag, 26. April 2010

Hollywood zum Null-Tarif

In einer Weltstadt wie Los Angeles duerfte es am Wochenende niemanden langweilen. Passend fuer jeden Geldbeutel stehen hier unzaehlige Restaurants, Kinos, Theater, Museen, Straende und Parks zur Auswahl. Ein Erlebnis der besonderen Art ist der Besuch eines Fernsehstudios waehrend einer Live-Aufnahme.

Nach einer kurzen Wartezeit wird man Plaetzen in den Zuschauerreihen zugeteilt. Haben alle Platz genommen, werden sie vom "Animateur" begruesst. Meistens handelt es sich dabei um ein Allround-Talent, das sich neben einer Schauspielkarriere damit Geld verdient, ein Mal woechentlich die Zuschauer bei den Drehpausen zu belustigen. Es gibt kleine Wettspiele, Taenze und Jonglier-Darbietungen und T-Shirts oder Autogramme werden als Preise ausgegeben.

Endlich ist es soweit und die Schauspieler werden einzeln vorgestellt. Nach einem grossen Applaus beginnen die Dreharbeiten. Nun heisst es fuer das Publikum ganz still sein und an den angebrachten Stellen schoen Lachen, da dieses aufgezeichnet wird. Nach 2 Stunden gibt es auch fuer das Publikum eine Pause. Pizza und Wasser werden gereicht, um sie fuer weitere 1 1/2 Stunden bei Laune zu halten.

Nachdem auch die letzte Szene im Kasten ist, duerfen die Zuschauer auf die Buehne klettern und sich mit den Stars fotografieren lassen. Wenn das kein gelungener Abend ist. 5 Stunden Unterhaltung inklusive Essen und Getraenke - und alles umsonst!

Donnerstag, 15. April 2010

Schulaufgaben fuer Mama

Vor den Osterferien kam mein Zweitklaessler mit einem Forschungsprojekt nach Hause: Ahnenforschung! Da in den USA jede Familie frueher oder spaeter eingewandert ist, muss jedes Kind einen Vortrag ueber das Ursprungsland seiner Familie halten. Vor 2 Jahren, als mein 9-Jaehriger damit an der Reihe war, suchten wir als Ursprungsland natuerlich Deutschland aus. Wir druckten Fotos von Noah als Baby vorm Brandenburger Tor, Bilder mit Mama und Papa und natuerlich Opa. Von der EU liess' ich mir aktuelle Statistiken und eine Deutschlandkarte schicken. Wir bastelten eine deutsche Flagge und klebten alles auf ein Poster. Jedes Kind musste eine Puppe in traditioneller Kleidung basteln - in diesem Fall natuerlich Lederhosen. Und am Tag der Praesentation schickte ich eine Riesenschuessel Haribo mit zur Schule. Dieses Mal beschlossen wir, den anderen Teil der Familie zu praesentieren.

So habe ich die letzten 2 Wochen (inklusive meiner Osterferien) hiermit verbracht: Fahrt zur Buecherei und Online Recherche ueber Antigua (Geburtsland von Michael's Grossvater) und dem Panama Kanal (an dem er gearbeitet hat, um die Ueberfahrt in die USA fuer sich, Frau und 5 Kinder bezahlen zu koennen). E-Mails und Telefonate mit zahlreichen Familienmitgliedern. Einscannen von alten Fotos. Einkaufen von Zubehoer zum Puppebasteln - musste vorher herausfinden, was die traditionelle Kleidung in Antigua ist/war. Am Wochenende muessen wir alle Infos auf ein Poster kleben und Lucas muss den Vortrag ueben.

Ich finde es wunderbar, dass die Schulen diese Dinge mit den Kindern durchnehmen. Ich bin auch jederzeit bereit, zu helfen. Aber muss man Zweitklaesslern wirklich Aufgaben geben, die hauptsaechlich von den Eltern uebernommen werden? Die Lehrer haetten ja auch fragen koennen, aus welchen Laendern die Eltern kommen und den Kindern im Computerunterricht zeigen koennen, wie sie selber die Recherche betreiben. Das Puppenbasteln waere doch auch ein gutes Projekt fuer eine Schulstunde gewesen. Schon jetzt weiss ich, dass die beste Zensur an die Praesentationen geht, an denen Muetter gearbeitet haben, die "nur" Hausfrau sind und nichts anderes zu tun haben.

Doch will ich nicht zu viel Zeit damit verplaempern, mich ueber dieses Projekt zu beschweren. Gestern kam naemlich schon wieder ein Zettel nach Hause mit der Bitte, "Wasserverschmutzung" zu recherchieren und das Material bis zum 20. zur Schule zu schicken, damit mein Kind sein Gruppenprojekt beginnen kann.

Montag, 5. April 2010

Catalina Island



35 Kilometer suedwestlich von Los Angeles liegt im Pazifik ein kleines Paradies: Catalina Island. Der erste Blick auf die Insel entschaedigt fuer die 75-minuetige stuermische Ueberfahrt. Gruene Berge erheben sich im Hintergrund und wenn man an den Segelbooten im Hafen vorbeischaut, sieht man ein malerisches kleines Staedtchen. Catalina ist der ideale Ort fuer einen Tagesausflug, eine Wochenendreise oder einen Sommerurlaub. Der Verkehr besteht hauptsaechlich aus Golfcarts. Unser Hotel liegt auf dem Berg und besitzt deshalb einen Kleinbus, um die Touristen mit dem Gepaeck vom Schiff abzuholen. In Avalon geht man hauptsaechlich zu Fuss.



Catalina hat fuer jeden etwas. Eines der Kreuzfahrtschiffe, das aus Los Angeles zur Mexiko Kreuzfahrt startet, macht den ersten Halt vor Catalina, damit die Gaeste die Insel erkunden koennen. Bei einem Ausflug ins Innere der Insel koennen einem die Bisons ueber den Weg laufen, die 1924 fuer einen Film auf die Insel gebracht wurden. Besonders im Sommer ist Catalina ein Paradies fuer Wasserratten. Die vielen Hoehlen, die Algenwaelder vor der Kueste und das kristallklare Wasser schaffen ideale Verhaeltnisse fuers Tauchen und Schnorcheln. Wer lieber trocken bleiben will, kann im Kayak um die Insel paddeln oder eine Fahrt mit dem Glasbodenboot unternehmen.

Obwohl wir im Maerz bei kuehleren Temperaturen nicht ins Wasser konnten, war die Kurzreise auf die Insel wunderbar. Beim Bummeln, Essengehen, am Strand sitzen und Seele-Baumeln-Lassen konnte man neue Energie fuer den Alltag schoepfen. Und ehrlich gesagt, meine Sehnsucht nach den deutschen Nordseeinseln ist nun erstmal gestillt. Wer im Maerz im T-Shirt unter Palmen liegen kann, der sehnt sich nicht wirklich nach Sylt.

Dienstag, 30. März 2010

Exposition Park, Los Angeles



Dieser Brunnen befindet sich in der Mitte eines wunderschoenen Rosengartens - nicht etwa jotwehdeh, sondern in unmittelbarer Naehe von Downtown Los Angeles. Der Exposition Park ist von verschiedenen Museen umgeben. Im California African American Museum kann man den Leidensweg der Afro-Amerikaner verfolgen. Das Natural History Museum stellt Dinosaurierknochen in allen Groessen aus. Und im California Science Center koennen auch die Juengsten spielerisch die Regeln der Schwerkraft kennenlernen.



Besonders mein 7-Jaehriger, der am liebsten Einstein's Biographie liest und Erfinder werden moechte, konnte gar nicht genug davon bekommen, auf Knoepfe und Hebel zu druecken, mit Solarenergie fahrende Autos zu steuern und dem Hurricane Simulator zuzusehen. Auch nach 4 Stunden liess er sich nur ungern zum Gehen ueberreden, aber auch nur, um einen Blick auf den A12 Blackbird zu werfen.

Mittwoch, 24. März 2010

Freundinnen

Mit feuchten Augen lese ich heute morgen eine E-Mail meiner Nachbarin. Sie bedankt sich fuer meine Freundschaft und Hilfe. Dabei habe ich nichts Grossartiges geleistet, ausser sie in den Arm zu nehmen, als sie vor Frust ueber ihren selbstsuechtigen Ex-Ehemann in Traenen ausbrach.

Es ist doch gut, dass man vorher nicht weiss, was einen im Leben als Erwachsenen so erwartet. Rueckblickend kommt man sich total laecherlich vor, wenn man an all' die Traenen denkt, die man in den Teenagerjahren wegen irgendeinem Typen vergossen hat. Das war doch nichts verglichen mit den alltaeglichen Sorgen einer Mutter. Schon waehrend der Schwangerschaft schluckt man fleissig Vitamine und verzichtet auf Alkohol und Sushi, damit das Ungeborene nicht zu Schaden kommt. Wie oft hat man sich nachts zum Saugling geschlichen, ihm die Hand auf die kleine Brust gelegt, um zu sehen, ob er noch atmet. Die Traenen bei den Impfungen taten Mama mehr weh als dem Kind. Und drei Mal duerft ihr raten, fuer wen es schwerer war, die Karatepruefung nicht zu bestehen.

Doch damit nicht genug. Neben den Kindern gibt es ja auch den Ehepartner. Wer denkt, ein harmonisches Eheleben lauft von ganz alleine, der hat sich getauscht. Auch hier bedarf es harter Arbeit. Nach einem langen Tag, an dem einem die Vorfahrt genommen wurde, die Spuelmaschine ihren Geist aufgab und die Kinder nicht gehoert haben, faellt man dem Geliebten eben nicht mehr so ausgelassen um den Hals wie in den Zeiten der frischen Verliebtheit. Nun werfe man die kleinen Sorgen ums Wohl der Familie in einen grossen Topf, gebe noch finanzielle Probleme dazu und man weiss, warum 50% aller Ehen in Scheidung enden und viele Muetter Anti-Depressiva zu sich nehmen.

Das einzige, was einem den Ruecken staerkt und vor diesem Schicksal bewahrt sind wahre Freundinnen. Freundinnen, die wissen, dass ein Stueck Schokolade und ein Glas Wein Wunder wirken. Freundinnen, die einem die Kinder entfuehren, damit man bei einer Zigarette und einem Becher Kaffee neue Kraft tanken kann. Freundinnen, die einem das Selbstbewusstsein staerken und einen wissen lassen, dass wir alle im selben Boot sitzen. Wie sang Herbert Groenemeyer so schoen? "Maenner sind auf dieser Welt einfach unersetzlich?" Da mag er ja recht haben, aber noch unersetzlicher sind wahre FREUNDINNEN.

Mittwoch, 17. März 2010

Saint Patrick's Day

Auf dem Schulhof werden wir heute frueh mit den lauten Toenen eines Dudelsacks begruesst. Lehrer und Kinder tragen gruene Kleidung, lustige Huete und Halsketten in Kleeblattform. Es ist Saint Patrick's Day.

St. Patricks Day Pictures, Images and Photos

In Deutschland hatte ich von dem irischen Feiertag noch nie gehoert und kann mich nicht daran erinnern, dass er mit einem Wort erwaehnt wurde. Kohl mit Corned Beef assen wir oft im Winter, aber dass es sich dabei um ein irisches Gericht handelt, wussten wir nicht. In den USA weiss jeder, wann St. Patrick's Day ist. Spaetestens im Geschaeft wird man daran erinnert, wenn der Blick auf die Bagel, Muffins, Kekse und andere Leckereien faellt, die zur Feier des Tages giftgruen gefaerbt sind. In manchen Staedten gibt es sogar einen St. Patrick's Day Umzug, der sich wie eine gruene Schlange begleitet von Dudelsackmusik, durch die Strassen schlaengelt.

Insgeheim frage ich mich, warum die Iren ihren eigenen Feiertag bekommen, wo die Anzahl der deutschen Einwanderer in den USA doch viel hoeher ist. 17 % der US Bevoelkerung (= 50 Mio. Einwohner) sind deutschen Ursprungs. Aber wenn auch nicht jeder Amerikaner Oktoberfest feiert, kennen doch die meisten den guten alten Tannenbaum. Und den haben sie den deutschen Einwanderern zu verdanken.

Montag, 15. März 2010

Solstice Canyon



Waehrend sich auf der Westseite des Pacific Coast Highway der Pazifik erstreckt, erheben sich auf der Ostseite die Santa Monica Berge. Einer der vielen Geheimtips ist der Solstice Canyon. Der Solstice Canyon Wanderweg verlauft parallel zu einem Bach. Er fuehrt durch eine idyllische Landschaft. Man hoert schon von weitem das Summen der Bienen, die sich in einem Baum eingenistet haben. Gelbe Blumen und lila Blueten sehen besonders vor dem strahlend blauen, kalifornischen Himmel wunderschoen aus.



Leider fiel auch dieser Canyon einem der beruehmten Feuer zum Opfer, das nur noch Ruinen mehrerer Hauser und verkohlte Baumstaemme uebrig liess. Obwohl seit dem letzten Brand erst 3 Jahre vergangen sind, hat sich die Natur wieder ihren Weg gebahnt. So hat das Gruen inzwischen Ueberhand gewonnen und nur vereinzelt raken schwarze Baumstuempfe in den Himmel.



Am Ende des Spazierganges wird der Besucher mit dem Blick auf einen kleinen Wasserfall belohnt. Dort koennen die Wagemutigen ueber die Felsbrocken zur Hoehe des Wasserfalls klettern und die ermuedeten Wanderer ihre Fuesse im kalten Wasser abkuehlen. So kommt jeder auf seine Kosten.

Montag, 8. März 2010

Hollywood's groesste Nacht des Jahres - die Academy Awards

Es ist Sonntag morgen. Um 8.00h sitzen mein Mann und ich im Auto, auf dem Weg nach Hollywood. Wir nehmen die gewohnte Ausfahrt - Highland - und erkennen schon nach wenigen Minuten, dass der Blick auf das Kodak Theater heute anders aussieht. Der Hollywood Boulevard ist abgesperrt, der Verkehr weitraumig umgeleitet und soweit das Auge reicht, sieht man Polizei und Sicherheitskraefte. Durch die Absperrung kommt man nur mit den notwendigen Papieren. So verabschiede ich mich von Michael und trete die Rueckfahrt nach Hause an.

Heute ist "Hollywood's groesste Nacht des Jahres". Die Academy Awards werden an die besten Filme des Jahres vergeben.

Am Nachmittag sind die Strassen leer, fast wie bei einer Fussballweltmeisterschaft in Deutschland. Die "Oscar's" werden hier aus anderen Gruenden mit Spannung verfolgt. Schliesslich arbeiten fast alle unserer Nachbarn und Freunde in Hollywood. Meine beste Freundin ist gespannt, ob Sandra Bullock, der sie den Akzent fuer den Film beigebracht hat, nun auch den Oscar fuer die beste Schauspielerin bekommt. Meine Freundinnen, die beide fuer Steven Spielberg arbeiten und James Cameron persoenlich kennen, hoffen, dass der arrogante Typ auf keinen Fall gewinnt, sondern der Preis fuer besten Regisseur an seine Ex-Frau geht. Eine andere Freundin drueckt die Daumen fuer Quentin Tarantino, an dessen Film ihr Mann gearbeitet hat und deshalb monatelang nach Deutschland musste. Und ich hoffe, einen Blick auf meinen Mann zu erhaschen, der im schicken, schwarzen Anzug auf dem roten Teppich die Interviews uebertraegt.

Leider bekomme ich ihn nicht live zu sehen, geniesse aber trotzdem die Uebertragung und vergiesse ab und zu vor Ruehrung ein Traenchen. Fuer viele Insider Details ist er zu muede, berichtet aber, dass George Clooney sehr nett ist und als einziger hinter die Absperrung kletterte, um seinen Fans die Haende zu schuetteln. Fuer ein Wort mit Christoph Waltz war keine Zeit, aber er machte einen sympatischen Eindruck, was man von den RTL und ProSieben Reportern wohl nicht sagen konnte. Obwohl er sie freundlich und in deutsch ansprach, benahmen sie sich "typisch" deutsch - naemlich unfreundlich. Vielleicht konnten sie nicht aus ihrer Haut und der lange deutsche Winter steckte ihnen zu tief in den Knochen. Aber wer bei den Academy Awards schlechte Laune an den Tag legt, der hat selber Schuld. Wir "Angelinos" lieben "Hollywood's groesste Nacht des Jahres".

Freitag, 26. Februar 2010

Aloha - Schulversammlung auf amerikanisch!

Am letzten Freitag des Monats versammeln sich vor Unterrichtsbeginn Schueler, Lehrer und Eltern auf dem Schulhof. Zwar gibt es auch eine Aula, aber die ist nicht gross genug fuer 600 Personen. Doch da wir in Suedkalifornien fast immer gutes Wetter haben, ist es auch nicht schlimm, eine Stunde draussen zu sein.

Jede Versammlung hat ein Motto. Heute: Aloha!
Die meisten Jungs tragen Hawaiihemden, Strohhut und einen Lei (die Blumenhalskette). Einige Maedchen haben einen Grasrock ueber ihre Hosen gezogen und ein Bikinioberteil ueber dem T-Shirt befestigt. Beim zweiten Klingeln stehen die Kinder in Reih' und Glied, nach Klassen sortiert. Zuerst drehen sich alle zur amerikanischen Flagge, legen die rechte Hand aufs Herz und sprechen laut und zusammen die "Pledge of Alligiance", in der sie ihre Solidaritaet zu den USA bekunden.

Dann gibt der Direktor einige Informationen weiter, z.B. wieviel Geld die Schule fuer Haiti gesammelt und gespendet hat. Oder dass die Aula naechste Woche zur jaehrlichen Buchhandlung umfunktioniert wird. Dort haben die Lehrer Wunschlisten ausgehaengt und die Eltern koennen Buecher fuer die Klassen kaufen. Die Kinder duerfen Geld mit zur Schule bringen und sich in den Pausen Buecher aussuchen und am Mittwoch ist Familienabend. Da kann dann die ganze Familie anruecken, Pizza zu Abend essen und mit ihren Kaufen, die Schule unterstuetzen.

Die Klassenlehrer stehen geduldig in einer Schlange. Zuerst treten die Lehrer der Kindergartenklasse ans Mikrofon und teilen mit, welcher Schueler in ihrer Klasse in diesem Monat ausgezeichnete Arbeit geleistet hat, oder besonders hilfsbereit war. Der "Schueler des Monats" nimmt unter lautem Beifall seine Urkunde entgegen und wartet mit strahlendem Gesicht, dass er fotografiert wird.

Nachdem alle Superschueler geehrt wurden, werden ueber die Lautsprecher hawaianische Klaenge gespielt und der Schulhof veraendert sich in eine Open Air Disco. Schueler und Lehrer tanzen Hula und treten gut gelaunt den Weg in die Klassen an. Wow, ich wuenschte, ich haette solche Erinnerungen an meine Schulzeit. Zwar sind die Ansprueche an die Kinder viel hoeher als damals an uns, aber dafuer werden sie auch gut belohnt. So huepft mein Mutterherz vor Freude, wenn mein Viertklaessler morgens sagt:"Mama, bist Du bald fertig, damit wir endlich zur Schule koennen?" ALOHA!

Montag, 22. Februar 2010

Mulholland Drive

Es ist Sonntag. Mein einziger freier Tag. Ausschlafen ist in unserem Haus ein Fremdwort. So sind um 7.00h morgens alle aus den Federn. Den Grossteil der Woche habe ich auf meinem Hintern sitzend im Auto oder in der Universitaet verbracht. Ich falle das Urteil: heute gehen wir spazieren.

Meine Eltern sind frueher oft mit uns gewandert. Wir gingen die Jaegerallee hoch. Spazierten in der Feldmark. Erkundeten den Deister oder erklommen den Annaturm. Aufs Autofahren habe ich heute keine Lust. Der naheliegendste Spaziergang ist somit der Mulholland Drive, den wir innerhalb von 4 Minuten zu Fuss erreichen koennen. Die Kinder sind gluecklich. Selbst mein Kleiner, der eigentlich keinen Bock zum Rausgehen hatte, lauft nun vor mir den Berg hoch. Wie herrlich gruen in diesem Winter alles ist. Los Angeles bekommt normalerweise nicht viel Regen und gerade im Sommer ist alles braun und gleicht einer Wueste.
Doch dank El Nino haben wir auch mal graue Wolken am Himmel und die Pflanzen wachsen und gedeihen.

Die Aussicht von oben ist auch an einem bedeckten Tag wunderschoen. Die Santa Monica Mountains liegen gruen im Vordergrund und in der Ferne erkennt man die Santa Susana Mountains.

In einem Talkessel zu wohnen hat zum Vorteil, dass wir von vielen herrlichen Bergketten umgeben sind, die zahlreiche Wandermoeglichkeiten bieten. Die Freude waehrt allerdings nur bis zum Sommer. Dann steigen die Temperaturen steil an und waehrend man sich am Strand bei 30 Grad gut aufhalten kann, laufen im Tal die Klimaanlagen auf Hochtouren - hier steigt das Quecksilber um 10-15 Grad mehr an. Aber bis dahin haben wir noch ein paar angenehme Monate vor uns.




Sonntag, 14. Februar 2010

Alice im Wunderland

Himmel-Arsch-und-Zwirn! Jetzt bin ich auch noch bei rot ueber eine Ampel gefahren. Von diesem Samstag bin ich bislang nicht begeistert. Schlimm genug, dass ich dieses Semester an einem Samstag zur Uni muss. Wie durch Magie (oder ist es Karma?) ist es nun schon die vierte Woche in Folge, wo Freitag Nacht eine Katastrophe ist und ich schon geraedert aufwache. So war es auch heute der Fall. Fuer einen fruehen Unimorgen ging ich fuer meine Verhaeltnisse viel zu spaet ins Bett. Gegen 5.00h weckte mich mein Juengster auf, der schon wieder Nasenbluten hatte. Waehrend meine Haare von der Dusche noch nass sind, suche ich im Wandschrank nach dem Highlight meines Morgens - dem unauffindbaren Kaffee.

Entkoffeiniert erreiche ich das Universitaetsgelaende und sehe mit Entsetzen, dass heute schon wieder in meiner Parkgarage gefilmt wird. Langsam fahre ich an der Absperrung vorbei und finde noch einen Parkplatz. Schwein gehabt! Meine erste Pruefung des Semesters traegt zu meinem heutigen Wohlbefinden nicht gerade bei. Die 90 Minuten verfliegen geradezu, aber wenigstens kann ich jede Frage beantworten. Dann 90 Minuten Vorlesung - warum verrinnt diese Zeit umso langsamer? Und nun an's naechste Projekt. Die Professorin scheint kurzfristig vergessen zu haben, dass es sich um einen Einfuehrungskurs handelt. So bin ich wenigstens nicht die einzige, deren Kopf raucht, als sich endlich das Unterrichtsende naehert. Ich lade meine 4 erstellten Weltkarten auf meinen Memorystick und mache mich auf den Weg zum Auto.

Die Fahrt nach Hause dauert laenger als gewoehnlich. In der Naehe des grossen Einkaufscenters gerate ich in stockenden Verkehr. Wie mir spaeter von einer Nachbarin erzaehlt wird, wurde dort ein Teil der neuen Vampirserie "The Vampire Diaries" gedreht und tausende von Fans wimmelten herum, um einen Blick auf ihre Stars oder ein Autogramm zu erhaschen. Wenn man in Los Angeles lebt kann man dem Filmrummel eben nie entwischen. Ich weiss noch, wie aergerlich ich war, als mal wieder in unserem Park gedreht wurde. Alle Parkplaetze von der Crew blockiert und waehrend ich beim Laufen ueber deren Kabel springen musste, zog der Duft von ihrem Mittagessen in meine Nase.

Langsam biege ich in meine Strasse ein und fuehle mich sofort wie in einer magischen Welt. Es ist Mitte Februar. Der Himmel ist blau, die Sonne scheint und die Nachbarn spielen im T-Shirt vor der Haustuer. Die Spielzeuggewehre der Kinder werden gerade von den Vaetern benutzt, die froehlich jauchzend auf Plastikflaschen schiessen.

Die Kinder rennen ueber die Strasse, als sie mich sehen und schaukeln vor unserem Haus. Ich setze mich mit unserem Meerschweinchen auf den Rasen und sofort kommen zwei meiner Freundinnen und setzen sich zu mir. Ein anderer Nachbar geht mit seinem Hund spazieren und laed' so lange seinen 5-jaehrigen Sohn bei uns ab, der sich der Herde spielender Kinder mit entzuecktem Gequietsche anschliesst. Ich fuehle mich ein bisschen wie Alice im Wunderland und wie in der Geschichte bleibt fuer mich die Uhr stehen. Erst als die Sonne zwei Stunden spaeter untergeht, gehe ich ins Haus, um das Abendessen vorzubereiten. So angenehm haette doch eigentlich der ganze Tag sein koennen. Oder wuesste ich jene Momente der Zufriedenheit sonst auch nicht mehr zu schaetzen?


Sonntag, 7. Februar 2010

Tausendundeine Nacht






Wieder naehert sich unser Hochzeitstag. Sollen wir wie jedes Jahr bei unserem Lieblingsjapaner Sushi essen? Nein, dieses Jahr probieren wir mal etwas Neues aus. Wir verlassen unseren Stadtteil und fahren nach Hollywood. Auf dem Sunset Boulevard suche ich nach der Adresse. Das muss es sein. Ein weisses, fensterloses Gebaude mit einem grossen goldenen Tor. In englischen und arabischen Schriftzuegen steht der Name daneben. Dar Maghreb!

Dieses Restaurant bietet marokkanische Kueche an. Die hohen weissen Decken bieten einen schoenen Kontrast zu dem dunkelblauen Teppich, blauen Kacheln, blauen Sofas und Kissen. Anstatt wie gewohnt gegenueber von einander an einem Tisch Platz zu nehmen, lassen wir uns nebeneinander auf die Kissen fallen. Unsere Bedienung erklaert uns das 7-Gaenge-Menue, waehrend er warmes Wasser aus einem Bronzekrug ueber unsere Haende giesst, die wir, laut Anleitung in einer Bronzeschuessel am Tisch waschen. Bitte auch die Seife nehmen, meint er, denn nach marokkanischer Sitte wird hier mit den Haenden gegessen.

Nach dem 3. Gang sind wir eigentlich schon satt. Es gab Linsensuppe, einen Vorspeiseteller mit Brot und die beruehmte Bstilla - ein gefuellter Blaetterteig, der mit Puderzucker und Zimt bestreut ist. Die Goetter haben uns erhoert und schicken die Bauchtaenzerin vorbei, so dass sich unsere Maegen vor dem 4. Gang ein wenig erholen koennen.



Dann geht es weiter mit
Wachteln am Spiess, Couscous und in Honig mariniertem Lamm. Endlich, hier kommt der Nachtisch und der frische Pfefferminztee, der uns fachmaennisch aus einem Meter Hoehe eingeschenkt wird.


Wir bezahlen und verlassen das Lokal. Fast erwarten wir vor der Tuer den Anblick eines Kamels mit Wuestensand im Hintergrund. Wenn wir auch nicht wirklich in Marokko sind, bleibt uns wenigstens ein 12-stuendiger Flug erspart. So treten wir die Heimfahrt zumindest mit dem Gedanken an, dass wir in 30 Minuten wieder daheim sind und dafuer weder das Einchecken am Flughafen noch das Kofferschleppen in Kauf nehmen muessen.

Samstag, 30. Januar 2010

Zum Wohl, Herr Nachbar!

Dieses Bild bietet sich jenen, die nachmittags gegen 16.30h unsere Strasse passieren. Je nach Lust und Laune stehen hier zahlreiche Muetter mit gefuellten Weinglaesern in der Hand am Strassenrand oder sitzen auf einer Decke im Gras. Auf der Strasse toben ein halbes Dutzend Jungen zwischen 5 und 9 Jahren. Die Nachbarn sind diesen Anblick gewoehnt und sind inzwischen Spezialisten im Ausweichen von Schaumstoffpatronen, Schwertern und Baellen. Nur wenn ein Auto angebraust kommt, hoert man den Schrei der Muetter: "Auto". Dann unterbrechen die Kinder ihr Spiel und fluechten auf den Buergersteig.

Als Kinder in einer deutschen Kleinstadt Anfang der 80er Jahre spielten wir frueher unbeaufsichtigt. Natuerlich fuhren innerhalb von 3 Stunden auch nur 2 Autos durch die Strasse, vor denen man sich in acht nehmen musste. Die restliche Zeit konnte man sich getrost dem Ballspielen, Versteckenspielen oder Gummibandhuepfen widmen. Nur ab und zu schaute eine Mutter zum Kuechenfenster hinaus oder ein Nachbar beschwerte sich, weil man in der heiligen Mittagspause zu laut war.

Mittagspausen gibt es in den USA natuerlich nicht. Man darf zu jeder Zeit so laut sein wie man moechte. So wird man schon mal von dem Muellauto geweckt, das um 6 Uhr morgens die Muelltonnen ausleert. Die illegal eingewanderten Mittelamerikaner, die fuer uns die Gartenarbeit erledigen, starten die Rasenmaeher selbst am Wochenende um 7 Uhr morgens. Und wenn man nachts zu den orientalischen Klaengen einer persischen Party einschlaeft, weiss man, man ist im Land der grenzenlosen Freiheit.

Mittwoch, 27. Januar 2010

So ein Hundeleben

Gluecklich beobachte ich wie mein Hund zufrieden in den Bergen herumlauft. Gerade nach einem Regentag geniesst er es, lange herumzuschnueffeln, hier und da das Bein zu heben und das Gras zu fressen. Ob er zu schaetzen weiss, dass er in Kalifornien lebt?

Hunde haben es hier ganz schoen gut. Sie duerfen sich ohne Maulkorb und Leine in den meisten Parks frei bewegen. Ausserhalb der Stadtgrenze von Los Angeles koennen sie am Strand laufen und im Meer schwimmen. Es gibt auch zahlreiche Hundeparks. Dort ist ein weitlaufiges Gelaende eingezaunt. Trinkstationen sorgen dafuer, dass Hundi was trinken kann, wenn er vom Spielen mit den vielen anderen Hunden muede und durstig ist. Der Hundepark ist hierzulande nicht nur ein Ort, an dem sich die Vierbeiner treffen, sondern wo auch Herrchen und Frauchen Freundschaften schliessen (stimmt's Nina?).

Das Leben in einer Hundehuette ist zum Glueck den wenigen Hunden vorbehalten, die nur zum Schutz des Anwesens gehalten werden. Waschechte Hundeliebhaber haben ihre Hunde im Haus. Ein kleines Hundetuerchen ermoeglicht das Wassertrinken oder auch mal ein dringendes Pippi-machen an der Seite des Hauses oder im Garten. Einige Hunde schlafen auf ihrem Hundekissen, aber die meisten liegen auf dem Fussende des Bettes oder auf einem Sofa - wie unser Siggy. Meistens ist es recht gemuetlich, abends mit dem Hund zu kuscheln, waehrend man den Fernseher laufen hat. Wenn die ganze Familie im Wohnzimmer sitzen will, muss man ihn dann schonmal vom Sofa runterschubsen, damit jeder Platz hat.

Ich denke an die Hunde meiner Freundin Francie. Als sie vor Jahren in Moskau an einem Film gearbeitet hat, fand sie im Winter diese halbverhungerten Kreaturen und setzte Himmel und Hoelle in Bewegung, um die beiden mit in die USA bringen zu duerfen. Das nenne ich wahre Tierliebe. Den naechsten Hund moechte ich auch aus einem Tierheim retten, aber momentan siegt doch mein eigener Ueberlebenswille. Denn so wunderbar mein Hund auch ist, scheint er die Reinkarnation des beruehmten Marley zu sein, wofuer die angefressenen Stuehle, Couchtisch und Teppich einige Beweise sind. Aber wollen wir nicht kleinlich sein. Haette er die Moebel nicht ruiniert, haetten die Kinder dafuer gesorgt.

Mooooment, das Gerausch erkenne ich sofort. Jetzt holt er sich Pappe aus dem Muelleimer, die er dann so klein zerlegt, dass ich sie mit der Hand vom Wohnzimmerboden aufsammeln kann. Vielleicht sind die Hundebesitzer doch schlauer, die ihre Vierbeiner draussen halten und somit deren Zerstoerungsdrang einschraenken. Hmmmmm?


Montag, 25. Januar 2010

Goldparty

Nachdem die guten alten Tupperparties schon seit Jahrzehnten populaer sind, gesellten sich in den letzten Jahren Kerzenparties, Schmuckparties und die sogenannten "Pleasure"-parties dazu, mit denen man sein Liebesleben aufpaeppeln kann. Der neueste Hit in den USA sind die sogenannten Goldparties.

Skeptisch betrachtete ich die Einladung. Bei der Vorstellung, dass ich meinen alten Goldschmuck an einen Herren mit einem eindeutig juedischen Nachnamen uebergeben soll, liefen vor meinem inneren Auge Zweite Weltkriegsbilder ab. So erschien es mir auf den ersten Blick ironisch und etwas geschmacklos, aber angesichts der weltweiten Finanzkrise eindeutig eine gute Marktluecke. Wenn man auch den Familienschmuck nicht in Bares umsetzen moechte, hat sich doch der ein oder andere dicke Goldketten in den 80ern gekauft und zieht sie schon lange nicht mehr an.

Gesagt, getan, nahm ich einen Blick in meine Schmuckschatulle. Den geerbten Schmuck von meiner lieben Mama, Oma Hilde und alles, was mir mein Papa und mein Mann geschenkt haben, wird natuerlich behalten. Aber einen Ring, einen Kettenanhaenger und zwei Armbaender, die ich mir selbst mal im Urlaub gekauft habe, sind schon lange nicht mehr mein Geschmack. Ich packte sie in meine Handtasche und spazierte die Strasse hinunter.

Im Wohnzimmer meiner Nachbarin stand neben dem Tisch mit Kaese und Wein ein weiterer Tisch hinter dem ein nettes Ehepaar den Schmuck entgegennahm. Zuerst wurde mit einem Magneten geprueft, ob es sich um Edelmetalle handelte. Dann wurde der Schmuck per Chemikalien und Lupe nach dem Reinhaltsgehalt ueberprueft. Schliesslich wurde alles gewogen, berechnet und der erstaunten Kundin die Summe genannt, die ihr sofort bar dafuer ueberreicht wurde. Hatte doch jeder damit gerechnet, einen Schleuderpreis fuer sein altes Zeug zu bekommen und nicht einen Betrag, der in die Hunderte oder Tausende ging.

Wie bei allen Parties bekommt die Gastgeberin am Ende des Abends einen Anteil des Gewinns. Anlaesslich des Erdbebens auf Haiti hatte meine Freundin Karen sich bereit erklaert, ihren Anteil fuer Haiti zu spenden und teilte uns heute per E-Mail mit, dass dabei $1800 zusammen gekommen sind.

So skeptisch ich war, muss ich zugeben, dass diese Goldparty somit mein absoluter Favorit ist, was die diversen "Verkaufsparties" angeht. Anstatt einen Haufen Geld fuer Zeug auszugeben, bin ich losgeworden, wofuer ich keine Verwendung mehr hatte und habe damit sogar einem guten Zweck geholfen. Was haben wir also gelernt? Oefter mal was Neues ausprobieren, auch wenn wir unsere Zweifel haben. Oder wie man hier so schoen sagt: Live and learn!

Freitag, 22. Januar 2010

Der Ruf der Wildnis


Der Wecker zeigt 4.30h morgens an. Was hat mich bloss aus dem Schlaf gerissen? Oh, jetzt hoere ich es wieder. Den Ruf der Kojoten. Hoffentlich haben alle Nachbarn ihre Tiere ueber Nacht ins Haus geholt. Nur wer neu in der Gegend ist, weiss noch nicht, dass die Kojoten sich die Katzen holen und kleine Hunde von den Greifvoegeln davon getragen werden.

Das Wunderbare an Los Angeles ist, dass man sich nicht wie in einer Grosstadt vorkommt. Es hat vielmehr das Flair von vielen kleineren Ortschaften, die durch den Freeway verbunden sind. Auf der einen Seite dauert die Fahrt nach Hollywood oder zum Strand nur 20 Minuten. Auf der anderen Seite stossen wir auf einem Spaziergang in der Nachbarschaft schonmal auf das ein oder andere Lebewesen, dessen Habitat sich normalerweise auf den Wald und die Berge begrenzt.

Bei einer Wandertour im Harz sind Wildschwein- oder Rehabdruecke im Matsch so ziemlich der einzige Hinweis, dass sich dort nach wie vor wilde Tiere in freier Wildbahn befinden. Es sei denn, man ist Foerster oder Jaeger und weiss genau, wo sich die Viecher herumtreiben. Fuer einen Spaziergang in den Santa Monica Bergen muss man zahlreiche Vorsichtsmassnahmen treffen, wie ich auf der Webseite der Parkranger gelesen habe: 1. Nie alleine wandern gehen. 2. Lange Jeanshosen und dicke Stiefel anziehen. 3. Genug Wasser einpacken. 4. Einen grossen Wanderstock dabei haben. Und 5. Ein Handy oder GPS mitnehmen.

Zu den groessten Wanderrisiken in hiesigen Gefilden zaehlen neben dem Verlorengehen und dem Hitzschlagerleiden leider auch der Biss einer Klapperschlange oder Angriff eines Pumas. Richtig gelesen! Seit 1890 gab es in Kalifornien 16 Vorfaelle, in denen ein Puma einen Menschen angefallen hat. Davon gingen 6 leider toedlich aus. Momentan leben in Kalifornien zwischen 4000 und 6000 Pumas. Zu dieser sehr imposanten Statistik gesellt sich die fuer Klapperschlangenbisse. Aus jener geht hervor, dass in Kalifornien jaehrlich 800 Klapperschlangenbisse gemeldet werden, von denen 1-2 zum Tode fuehrten.

Zum Glueck regnet es heute immer noch, so dass ich mir ohnehin keine Gedanken darueber machen muss, ob und wo ich Laufen gehe. Aber wenn es das Wetter wieder zulaesst, ist meine Nachbarschaft doch die erste Wahl. Selbst wenn ich den Geruch der Stinktiere ertragen muss, waehrend ich mich schnaufend den Berg hochquaele, ist diese Vorstellung angenehmer als in den wunderschoenen Bergen an einem Schlangenbiss zu sterben.

Donnerstag, 21. Januar 2010

Sekt oder Selters?

Eine kinderlose Freundin fragte mich mal, was ich eigentlich den ganzen Tag so mache. Schliesslich seien die Kinder ja nun schulpflichtig, da muesste ich mich furchtbar langweilen. Waehrend sie sich wahrscheinlich noch einmal im Bett umdreht, habe ich schon Fruehstueck gemacht, Stullen geschmiert und in die Rucksaecke gepackt, den Kindern beim Anziehen und Haarestylen geholfen und den Hund gefuettert. Schnell die Jungs zur Schule gefahren, den Einkauf erledigt und die kurze Regenpause genutzt, um mit dem Hund Gassi zu gehen.

Normalerweise wuerde ich die naechsten Stunden an der Grundschule verbringen, wo ich ehrenamtlich mit einigen anderen Muettern den Sportunterricht fuer die 3. und 4. Klasse leite. Da es dem Terminator leider nicht gelungen ist, Kalifornien vor dem Bankrott zu bewahren, wurden Sport-, Kunst- und Musiklehrer an den meisten Schulen zuerst entlassen. Aber vielleicht war es ja extra so geplant, damit die armen Muetter sich morgens nicht langweilen.

Wie soll ich die naechsten 6 Stunden bloss rumkriegen? Mein Papa war immer der Meinung, dass Hausfrauen ihre Vormittage mit Fernsehen und Sekttrinken verbringen. So verlockend es sich auch anhoert, mal in Ruhe und bei einem Glaeschen Prosecco einen Film zu geniessen, der nicht fuer alle Altersstufen freigegeben ist, schlage ich mir diesen Gedanken sofort aus dem Kopf. Vielleicht sollte ich mit einem Wuerfel die Reihenfolge meiner Aufgaben waehlen. Wasche ich zuerst die Waesche? Sollte vorher der Abwasch gemacht und die Kueche geputzt werden? Haben die Jungs wieder neben das Klo gepinkelt (in den USA sitzen die Maenner naemlich nicht!)? Sollte ich das erste Kapitel meines neuen Geografie-Buches lesen, damit ich den Online-Quiz rechtzeitig vervollstaendigen kann? Oder setze ich frueh eine Suppe auf, die dann langsam vor sich hinkoechelt, waehrend ich alle anderen Dinge erledige?

Mein erster Weg fuehrt mich zum Kuehlschrank. An der Kuehlschranktuer haengt eine Magnettafel mit wichtigen Telefonnummern. Ach, stimmt ja. Zahnarzttermine fuer die Kinder muessen auch noch gemacht werden. Durstig greife ich nach der Selters-Flasche und schenke mir ein Glas ein. Und bevor ich auch nur einen Blick auf den Abwasch werfe, waehle ich schon die Nummer des Zahnarztes.


Mittwoch, 20. Januar 2010

Ein Stueckchen blauer Himmel

Warum stehen wir dem Geldausgeben mit gemischten Gefuehlen gegenueber? Niemand weint den hartverdienten Scheinchen hinterher, wenn man sie in neue Schuhe umsetzt. Abends mit Freunden essen gehen und dazu mehrere $10 Glaeser Rotwein trinken, obwohl wir genau wissen, dass wir dafuer eine ganze Flasche im Geschaeft kaufen koennten. Wie viele Stunden habe ich vor Weihachten in der Buchhandlung verbracht, fleissig Buecher eingekauft und nicht mit der Wimper gezuckt, wenn mir die Bedienung $5 fuer einen im Pappbecher servierten Kaffee abnahm. Waehrend just in diesem Moment ein ebensolcher Kaffeebecher wieder neben mir steht, hat mir der erste Unitag auf den Magen geschlagen.

Etwas neidisch denke ich an deutsche Freunde zurueck, die in den 80ern und 90ern in Deutschland mehrfach den Studiengang gewechselt haben. Der Universitaetsbesuch war umsonst. Man wohnte in einer WG oder zu Hause bei den Eltern. In den Semesterferien wurde auf der Cebit gejobbt, damit man dann mit Freunden auf Ibiza so richtig Party machen konnte. Neulich habe ich mal in den Nachrichten gehoert, dass die deutschen Unis jetzt auch eine Gebuehr verlangen. Ob sich die Studenten trotzdem bewusst sind, wie gut sie es haben?

Seit 2 Jahren studiere ich an einer staatlichen Universitaet. Wir reden hier nicht von einer Elite-Uni wie Harvard. Fuer ein Semester (Januar bis Mai oder August bis Dezember) betragen die Studiengebuehren fuer einen Vollzeitstudenten knapp $2500. Wer nur Halbzeit studiert, zahlt davon zwei Drittel. Am ersten Unitag stellt man sich in die Schlange um seinen Parkausweis zu bekommen. Parkausweis?! Davon hatte ich vor den USA im Leben noch nicht gehoert. $180 pro Semester, damit man auf dem Unigelaende parken darf. Na, wenigstens war der Gang zur Unibuchhandlung nicht allzu deprimierend. Dieses Semester brauche ich nur 3 Buecher, die ich tatsaechlich fuer $220 bekommen konnte. Ob ich die Buecher nicht lieber "mieten" wolle, fragte mich der junge Mann an der Kasse. Mieten? Ja, ich koenne sie nur fuer's Semester "mieten" - fuer 50 % des Neupreises. Das waere es ja fast wert gewesen, wenn es sich in diesem Semester nicht gerade um wichtige Kurse meines Hauptfachs handeln wuerde. Fuer den Rest meines Studiums werde ich die Buecher wohl nicht ausleihen koennen. Schade eigentlich!

Mir fallen die Worte meiner Freundin Pam ein. Sie ist Spezialistin fuer Infektionskrankheiten. Traurig erzaehlte sie mir, dass sie fuer jedes ihrer Kinder $100.000 fuer's Studium gespart hatte. Ihre Tochter will in Pam's Fusstapfen treten. Sie lebt an der Ostkueste, wo sie ihr praktisches Jahr vollendet. Aber die Summe, mit der man sich in einer deutschen Kleinstadt schon fast ein kleines Haus in einer Neubaugegend finanzieren kann, wird fuer die Kosten des Studiums nicht ausreichen. "Wenn ich es mir mit einem Arztgehalt nicht leisten kann, meinen Kindern ein Medizin-Studium zu finanzieren, wer kann es dann?" fragt sie erschuettert. Wird ein Studium in Zukunft nur den Reichen vorbehalten sein?

Mir entwischt ein tiefer Seufzer und ich nehme den Blick vom Computer, um aus dem Fenster zu sehen. So schnell wie sich die Wolken am Himmel verzogen haben, verschwindet die Rauchwolke ueber meinem Kopf. Ich sitze im "Freudian Sip", dem Uni-Cafe, das fuer mich wie ein zweites Zuhause geworden ist. Bekannte Gesichter ziehen an mir vorbei und meine Archaeologie-Professorin erkundigt sich nach meinem Befinden. Noch ein paar Stunden und ich sitze in meinem Geografie-Kurs. Ob der Professor sich nun endlich meinen Namen gemerkt hat, nachdem ich sogar bei einer Abteilungsparty in seinem Haus zugegen war? Der Aerger verzieht sich und ein anderes Gefuehl macht sich in mir breit. Aufregung! Glueck! Erwartung! Und siehe da: Am dunklen Wolkenhimmel zeigt sich ein kleines Stueckchen blauer Himmel.

Dienstag, 19. Januar 2010

Regen in L.A.



Es ist 6.30 Uhr morgens. Im Bademantel starte ich die Kaffeemaschine und wuenschte ich koennte nochmal ins warme Bett kriechen. Draussen ist es noch dunkel. Man hoert den Regen aufs Dach trommeln. Wie jeden Morgen trage ich meinen roten Laptop zum Kuechentisch und schalte ihn ein. Zuerst die Nachrichten lesen, dann E-Mails checken, einen Blick in Facebook und dann lausche ich dem Verkehrsdienst auf Radio FFN. Man koennte meinen, es sei ein ganz normaler Morgen in einem Haus in Niedersachsen. Doch diese Szene spielt in einem Vorort von Los Angeles.

Unglaubig schuettele ich den Kopf. Lebe ich wirklich schon seit 13 Jahren in den USA? Ich denke an den Fortschritt der Technik und die Masse von Faxen, die damals ueber den Atlantik geschickt wurden, um von allen kleinen und grossen Abenteuern zu berichten, die mir hier wiederfahren sind. Mittlerweile hat sich der Kulturschock aufs Minimale reduziert. Aber ab und zu habe ich doch einen "deutschen" Moment in dem mir die Unterschiede der beiden Weltmaechte auffallen.

Den 5-minuetigen Schulweg der Kinder fahren wir natuerlich mit dem Auto. Laut Meteorologen hat in L.A. der schwerste Sturm seit 1998 seinen Einzug erhalten. Die Strassen sind teilweise ueberschwemmt. Fortgespuelte Sandsaecke oder Muelltonnen haben an einer Biegung Halt gefunden. Von jedem dritten Baum ist ein Riesenast abgebrochen, der nun die halbe Strasse blockiert. So geht es heute im Slalom zur Schule. Mein 9-Jaehriger beschwert sich ueber das Wetter. "Mama, warum ist es so windig?" Ich muss mich zusammenreissen, um ihm nicht ausfuehrlich zu erklaeren, dass es an der einziehenden Kaltfront liegt, wie ich es in meinem Meteorologie-Kurs an der Uni gelernt habe. Wie viele Regentage er in seinem Leben wohl gesehen hat? 10 oder 15?

Mit einem Kuesschen verabschiede ich mich von beiden Kindern, als sie in die Aula marschieren, wo man sich an Regentagen morgens versammelt. Auf dem 2-minuetigen Rueckweg zum Auto gruesse ich 12 der 500 Muetter und Vaeter, die ihre Kinder zur Schule begleiten. Wenn ich mich richtig erinnere, bin ich damals in Deutschland schon zur ersten Klasse alleine marschiert. Waren es frueher andere Zeiten oder lag es an der Kleinstadt, wo sich jeder kannte? Oder ist Paranoia die groesste Krankheit des 21. Jahrhunderts?