free counters

Samstag, 30. Januar 2010

Zum Wohl, Herr Nachbar!

Dieses Bild bietet sich jenen, die nachmittags gegen 16.30h unsere Strasse passieren. Je nach Lust und Laune stehen hier zahlreiche Muetter mit gefuellten Weinglaesern in der Hand am Strassenrand oder sitzen auf einer Decke im Gras. Auf der Strasse toben ein halbes Dutzend Jungen zwischen 5 und 9 Jahren. Die Nachbarn sind diesen Anblick gewoehnt und sind inzwischen Spezialisten im Ausweichen von Schaumstoffpatronen, Schwertern und Baellen. Nur wenn ein Auto angebraust kommt, hoert man den Schrei der Muetter: "Auto". Dann unterbrechen die Kinder ihr Spiel und fluechten auf den Buergersteig.

Als Kinder in einer deutschen Kleinstadt Anfang der 80er Jahre spielten wir frueher unbeaufsichtigt. Natuerlich fuhren innerhalb von 3 Stunden auch nur 2 Autos durch die Strasse, vor denen man sich in acht nehmen musste. Die restliche Zeit konnte man sich getrost dem Ballspielen, Versteckenspielen oder Gummibandhuepfen widmen. Nur ab und zu schaute eine Mutter zum Kuechenfenster hinaus oder ein Nachbar beschwerte sich, weil man in der heiligen Mittagspause zu laut war.

Mittagspausen gibt es in den USA natuerlich nicht. Man darf zu jeder Zeit so laut sein wie man moechte. So wird man schon mal von dem Muellauto geweckt, das um 6 Uhr morgens die Muelltonnen ausleert. Die illegal eingewanderten Mittelamerikaner, die fuer uns die Gartenarbeit erledigen, starten die Rasenmaeher selbst am Wochenende um 7 Uhr morgens. Und wenn man nachts zu den orientalischen Klaengen einer persischen Party einschlaeft, weiss man, man ist im Land der grenzenlosen Freiheit.

Mittwoch, 27. Januar 2010

So ein Hundeleben

Gluecklich beobachte ich wie mein Hund zufrieden in den Bergen herumlauft. Gerade nach einem Regentag geniesst er es, lange herumzuschnueffeln, hier und da das Bein zu heben und das Gras zu fressen. Ob er zu schaetzen weiss, dass er in Kalifornien lebt?

Hunde haben es hier ganz schoen gut. Sie duerfen sich ohne Maulkorb und Leine in den meisten Parks frei bewegen. Ausserhalb der Stadtgrenze von Los Angeles koennen sie am Strand laufen und im Meer schwimmen. Es gibt auch zahlreiche Hundeparks. Dort ist ein weitlaufiges Gelaende eingezaunt. Trinkstationen sorgen dafuer, dass Hundi was trinken kann, wenn er vom Spielen mit den vielen anderen Hunden muede und durstig ist. Der Hundepark ist hierzulande nicht nur ein Ort, an dem sich die Vierbeiner treffen, sondern wo auch Herrchen und Frauchen Freundschaften schliessen (stimmt's Nina?).

Das Leben in einer Hundehuette ist zum Glueck den wenigen Hunden vorbehalten, die nur zum Schutz des Anwesens gehalten werden. Waschechte Hundeliebhaber haben ihre Hunde im Haus. Ein kleines Hundetuerchen ermoeglicht das Wassertrinken oder auch mal ein dringendes Pippi-machen an der Seite des Hauses oder im Garten. Einige Hunde schlafen auf ihrem Hundekissen, aber die meisten liegen auf dem Fussende des Bettes oder auf einem Sofa - wie unser Siggy. Meistens ist es recht gemuetlich, abends mit dem Hund zu kuscheln, waehrend man den Fernseher laufen hat. Wenn die ganze Familie im Wohnzimmer sitzen will, muss man ihn dann schonmal vom Sofa runterschubsen, damit jeder Platz hat.

Ich denke an die Hunde meiner Freundin Francie. Als sie vor Jahren in Moskau an einem Film gearbeitet hat, fand sie im Winter diese halbverhungerten Kreaturen und setzte Himmel und Hoelle in Bewegung, um die beiden mit in die USA bringen zu duerfen. Das nenne ich wahre Tierliebe. Den naechsten Hund moechte ich auch aus einem Tierheim retten, aber momentan siegt doch mein eigener Ueberlebenswille. Denn so wunderbar mein Hund auch ist, scheint er die Reinkarnation des beruehmten Marley zu sein, wofuer die angefressenen Stuehle, Couchtisch und Teppich einige Beweise sind. Aber wollen wir nicht kleinlich sein. Haette er die Moebel nicht ruiniert, haetten die Kinder dafuer gesorgt.

Mooooment, das Gerausch erkenne ich sofort. Jetzt holt er sich Pappe aus dem Muelleimer, die er dann so klein zerlegt, dass ich sie mit der Hand vom Wohnzimmerboden aufsammeln kann. Vielleicht sind die Hundebesitzer doch schlauer, die ihre Vierbeiner draussen halten und somit deren Zerstoerungsdrang einschraenken. Hmmmmm?


Montag, 25. Januar 2010

Goldparty

Nachdem die guten alten Tupperparties schon seit Jahrzehnten populaer sind, gesellten sich in den letzten Jahren Kerzenparties, Schmuckparties und die sogenannten "Pleasure"-parties dazu, mit denen man sein Liebesleben aufpaeppeln kann. Der neueste Hit in den USA sind die sogenannten Goldparties.

Skeptisch betrachtete ich die Einladung. Bei der Vorstellung, dass ich meinen alten Goldschmuck an einen Herren mit einem eindeutig juedischen Nachnamen uebergeben soll, liefen vor meinem inneren Auge Zweite Weltkriegsbilder ab. So erschien es mir auf den ersten Blick ironisch und etwas geschmacklos, aber angesichts der weltweiten Finanzkrise eindeutig eine gute Marktluecke. Wenn man auch den Familienschmuck nicht in Bares umsetzen moechte, hat sich doch der ein oder andere dicke Goldketten in den 80ern gekauft und zieht sie schon lange nicht mehr an.

Gesagt, getan, nahm ich einen Blick in meine Schmuckschatulle. Den geerbten Schmuck von meiner lieben Mama, Oma Hilde und alles, was mir mein Papa und mein Mann geschenkt haben, wird natuerlich behalten. Aber einen Ring, einen Kettenanhaenger und zwei Armbaender, die ich mir selbst mal im Urlaub gekauft habe, sind schon lange nicht mehr mein Geschmack. Ich packte sie in meine Handtasche und spazierte die Strasse hinunter.

Im Wohnzimmer meiner Nachbarin stand neben dem Tisch mit Kaese und Wein ein weiterer Tisch hinter dem ein nettes Ehepaar den Schmuck entgegennahm. Zuerst wurde mit einem Magneten geprueft, ob es sich um Edelmetalle handelte. Dann wurde der Schmuck per Chemikalien und Lupe nach dem Reinhaltsgehalt ueberprueft. Schliesslich wurde alles gewogen, berechnet und der erstaunten Kundin die Summe genannt, die ihr sofort bar dafuer ueberreicht wurde. Hatte doch jeder damit gerechnet, einen Schleuderpreis fuer sein altes Zeug zu bekommen und nicht einen Betrag, der in die Hunderte oder Tausende ging.

Wie bei allen Parties bekommt die Gastgeberin am Ende des Abends einen Anteil des Gewinns. Anlaesslich des Erdbebens auf Haiti hatte meine Freundin Karen sich bereit erklaert, ihren Anteil fuer Haiti zu spenden und teilte uns heute per E-Mail mit, dass dabei $1800 zusammen gekommen sind.

So skeptisch ich war, muss ich zugeben, dass diese Goldparty somit mein absoluter Favorit ist, was die diversen "Verkaufsparties" angeht. Anstatt einen Haufen Geld fuer Zeug auszugeben, bin ich losgeworden, wofuer ich keine Verwendung mehr hatte und habe damit sogar einem guten Zweck geholfen. Was haben wir also gelernt? Oefter mal was Neues ausprobieren, auch wenn wir unsere Zweifel haben. Oder wie man hier so schoen sagt: Live and learn!

Freitag, 22. Januar 2010

Der Ruf der Wildnis


Der Wecker zeigt 4.30h morgens an. Was hat mich bloss aus dem Schlaf gerissen? Oh, jetzt hoere ich es wieder. Den Ruf der Kojoten. Hoffentlich haben alle Nachbarn ihre Tiere ueber Nacht ins Haus geholt. Nur wer neu in der Gegend ist, weiss noch nicht, dass die Kojoten sich die Katzen holen und kleine Hunde von den Greifvoegeln davon getragen werden.

Das Wunderbare an Los Angeles ist, dass man sich nicht wie in einer Grosstadt vorkommt. Es hat vielmehr das Flair von vielen kleineren Ortschaften, die durch den Freeway verbunden sind. Auf der einen Seite dauert die Fahrt nach Hollywood oder zum Strand nur 20 Minuten. Auf der anderen Seite stossen wir auf einem Spaziergang in der Nachbarschaft schonmal auf das ein oder andere Lebewesen, dessen Habitat sich normalerweise auf den Wald und die Berge begrenzt.

Bei einer Wandertour im Harz sind Wildschwein- oder Rehabdruecke im Matsch so ziemlich der einzige Hinweis, dass sich dort nach wie vor wilde Tiere in freier Wildbahn befinden. Es sei denn, man ist Foerster oder Jaeger und weiss genau, wo sich die Viecher herumtreiben. Fuer einen Spaziergang in den Santa Monica Bergen muss man zahlreiche Vorsichtsmassnahmen treffen, wie ich auf der Webseite der Parkranger gelesen habe: 1. Nie alleine wandern gehen. 2. Lange Jeanshosen und dicke Stiefel anziehen. 3. Genug Wasser einpacken. 4. Einen grossen Wanderstock dabei haben. Und 5. Ein Handy oder GPS mitnehmen.

Zu den groessten Wanderrisiken in hiesigen Gefilden zaehlen neben dem Verlorengehen und dem Hitzschlagerleiden leider auch der Biss einer Klapperschlange oder Angriff eines Pumas. Richtig gelesen! Seit 1890 gab es in Kalifornien 16 Vorfaelle, in denen ein Puma einen Menschen angefallen hat. Davon gingen 6 leider toedlich aus. Momentan leben in Kalifornien zwischen 4000 und 6000 Pumas. Zu dieser sehr imposanten Statistik gesellt sich die fuer Klapperschlangenbisse. Aus jener geht hervor, dass in Kalifornien jaehrlich 800 Klapperschlangenbisse gemeldet werden, von denen 1-2 zum Tode fuehrten.

Zum Glueck regnet es heute immer noch, so dass ich mir ohnehin keine Gedanken darueber machen muss, ob und wo ich Laufen gehe. Aber wenn es das Wetter wieder zulaesst, ist meine Nachbarschaft doch die erste Wahl. Selbst wenn ich den Geruch der Stinktiere ertragen muss, waehrend ich mich schnaufend den Berg hochquaele, ist diese Vorstellung angenehmer als in den wunderschoenen Bergen an einem Schlangenbiss zu sterben.

Donnerstag, 21. Januar 2010

Sekt oder Selters?

Eine kinderlose Freundin fragte mich mal, was ich eigentlich den ganzen Tag so mache. Schliesslich seien die Kinder ja nun schulpflichtig, da muesste ich mich furchtbar langweilen. Waehrend sie sich wahrscheinlich noch einmal im Bett umdreht, habe ich schon Fruehstueck gemacht, Stullen geschmiert und in die Rucksaecke gepackt, den Kindern beim Anziehen und Haarestylen geholfen und den Hund gefuettert. Schnell die Jungs zur Schule gefahren, den Einkauf erledigt und die kurze Regenpause genutzt, um mit dem Hund Gassi zu gehen.

Normalerweise wuerde ich die naechsten Stunden an der Grundschule verbringen, wo ich ehrenamtlich mit einigen anderen Muettern den Sportunterricht fuer die 3. und 4. Klasse leite. Da es dem Terminator leider nicht gelungen ist, Kalifornien vor dem Bankrott zu bewahren, wurden Sport-, Kunst- und Musiklehrer an den meisten Schulen zuerst entlassen. Aber vielleicht war es ja extra so geplant, damit die armen Muetter sich morgens nicht langweilen.

Wie soll ich die naechsten 6 Stunden bloss rumkriegen? Mein Papa war immer der Meinung, dass Hausfrauen ihre Vormittage mit Fernsehen und Sekttrinken verbringen. So verlockend es sich auch anhoert, mal in Ruhe und bei einem Glaeschen Prosecco einen Film zu geniessen, der nicht fuer alle Altersstufen freigegeben ist, schlage ich mir diesen Gedanken sofort aus dem Kopf. Vielleicht sollte ich mit einem Wuerfel die Reihenfolge meiner Aufgaben waehlen. Wasche ich zuerst die Waesche? Sollte vorher der Abwasch gemacht und die Kueche geputzt werden? Haben die Jungs wieder neben das Klo gepinkelt (in den USA sitzen die Maenner naemlich nicht!)? Sollte ich das erste Kapitel meines neuen Geografie-Buches lesen, damit ich den Online-Quiz rechtzeitig vervollstaendigen kann? Oder setze ich frueh eine Suppe auf, die dann langsam vor sich hinkoechelt, waehrend ich alle anderen Dinge erledige?

Mein erster Weg fuehrt mich zum Kuehlschrank. An der Kuehlschranktuer haengt eine Magnettafel mit wichtigen Telefonnummern. Ach, stimmt ja. Zahnarzttermine fuer die Kinder muessen auch noch gemacht werden. Durstig greife ich nach der Selters-Flasche und schenke mir ein Glas ein. Und bevor ich auch nur einen Blick auf den Abwasch werfe, waehle ich schon die Nummer des Zahnarztes.


Mittwoch, 20. Januar 2010

Ein Stueckchen blauer Himmel

Warum stehen wir dem Geldausgeben mit gemischten Gefuehlen gegenueber? Niemand weint den hartverdienten Scheinchen hinterher, wenn man sie in neue Schuhe umsetzt. Abends mit Freunden essen gehen und dazu mehrere $10 Glaeser Rotwein trinken, obwohl wir genau wissen, dass wir dafuer eine ganze Flasche im Geschaeft kaufen koennten. Wie viele Stunden habe ich vor Weihachten in der Buchhandlung verbracht, fleissig Buecher eingekauft und nicht mit der Wimper gezuckt, wenn mir die Bedienung $5 fuer einen im Pappbecher servierten Kaffee abnahm. Waehrend just in diesem Moment ein ebensolcher Kaffeebecher wieder neben mir steht, hat mir der erste Unitag auf den Magen geschlagen.

Etwas neidisch denke ich an deutsche Freunde zurueck, die in den 80ern und 90ern in Deutschland mehrfach den Studiengang gewechselt haben. Der Universitaetsbesuch war umsonst. Man wohnte in einer WG oder zu Hause bei den Eltern. In den Semesterferien wurde auf der Cebit gejobbt, damit man dann mit Freunden auf Ibiza so richtig Party machen konnte. Neulich habe ich mal in den Nachrichten gehoert, dass die deutschen Unis jetzt auch eine Gebuehr verlangen. Ob sich die Studenten trotzdem bewusst sind, wie gut sie es haben?

Seit 2 Jahren studiere ich an einer staatlichen Universitaet. Wir reden hier nicht von einer Elite-Uni wie Harvard. Fuer ein Semester (Januar bis Mai oder August bis Dezember) betragen die Studiengebuehren fuer einen Vollzeitstudenten knapp $2500. Wer nur Halbzeit studiert, zahlt davon zwei Drittel. Am ersten Unitag stellt man sich in die Schlange um seinen Parkausweis zu bekommen. Parkausweis?! Davon hatte ich vor den USA im Leben noch nicht gehoert. $180 pro Semester, damit man auf dem Unigelaende parken darf. Na, wenigstens war der Gang zur Unibuchhandlung nicht allzu deprimierend. Dieses Semester brauche ich nur 3 Buecher, die ich tatsaechlich fuer $220 bekommen konnte. Ob ich die Buecher nicht lieber "mieten" wolle, fragte mich der junge Mann an der Kasse. Mieten? Ja, ich koenne sie nur fuer's Semester "mieten" - fuer 50 % des Neupreises. Das waere es ja fast wert gewesen, wenn es sich in diesem Semester nicht gerade um wichtige Kurse meines Hauptfachs handeln wuerde. Fuer den Rest meines Studiums werde ich die Buecher wohl nicht ausleihen koennen. Schade eigentlich!

Mir fallen die Worte meiner Freundin Pam ein. Sie ist Spezialistin fuer Infektionskrankheiten. Traurig erzaehlte sie mir, dass sie fuer jedes ihrer Kinder $100.000 fuer's Studium gespart hatte. Ihre Tochter will in Pam's Fusstapfen treten. Sie lebt an der Ostkueste, wo sie ihr praktisches Jahr vollendet. Aber die Summe, mit der man sich in einer deutschen Kleinstadt schon fast ein kleines Haus in einer Neubaugegend finanzieren kann, wird fuer die Kosten des Studiums nicht ausreichen. "Wenn ich es mir mit einem Arztgehalt nicht leisten kann, meinen Kindern ein Medizin-Studium zu finanzieren, wer kann es dann?" fragt sie erschuettert. Wird ein Studium in Zukunft nur den Reichen vorbehalten sein?

Mir entwischt ein tiefer Seufzer und ich nehme den Blick vom Computer, um aus dem Fenster zu sehen. So schnell wie sich die Wolken am Himmel verzogen haben, verschwindet die Rauchwolke ueber meinem Kopf. Ich sitze im "Freudian Sip", dem Uni-Cafe, das fuer mich wie ein zweites Zuhause geworden ist. Bekannte Gesichter ziehen an mir vorbei und meine Archaeologie-Professorin erkundigt sich nach meinem Befinden. Noch ein paar Stunden und ich sitze in meinem Geografie-Kurs. Ob der Professor sich nun endlich meinen Namen gemerkt hat, nachdem ich sogar bei einer Abteilungsparty in seinem Haus zugegen war? Der Aerger verzieht sich und ein anderes Gefuehl macht sich in mir breit. Aufregung! Glueck! Erwartung! Und siehe da: Am dunklen Wolkenhimmel zeigt sich ein kleines Stueckchen blauer Himmel.

Dienstag, 19. Januar 2010

Regen in L.A.



Es ist 6.30 Uhr morgens. Im Bademantel starte ich die Kaffeemaschine und wuenschte ich koennte nochmal ins warme Bett kriechen. Draussen ist es noch dunkel. Man hoert den Regen aufs Dach trommeln. Wie jeden Morgen trage ich meinen roten Laptop zum Kuechentisch und schalte ihn ein. Zuerst die Nachrichten lesen, dann E-Mails checken, einen Blick in Facebook und dann lausche ich dem Verkehrsdienst auf Radio FFN. Man koennte meinen, es sei ein ganz normaler Morgen in einem Haus in Niedersachsen. Doch diese Szene spielt in einem Vorort von Los Angeles.

Unglaubig schuettele ich den Kopf. Lebe ich wirklich schon seit 13 Jahren in den USA? Ich denke an den Fortschritt der Technik und die Masse von Faxen, die damals ueber den Atlantik geschickt wurden, um von allen kleinen und grossen Abenteuern zu berichten, die mir hier wiederfahren sind. Mittlerweile hat sich der Kulturschock aufs Minimale reduziert. Aber ab und zu habe ich doch einen "deutschen" Moment in dem mir die Unterschiede der beiden Weltmaechte auffallen.

Den 5-minuetigen Schulweg der Kinder fahren wir natuerlich mit dem Auto. Laut Meteorologen hat in L.A. der schwerste Sturm seit 1998 seinen Einzug erhalten. Die Strassen sind teilweise ueberschwemmt. Fortgespuelte Sandsaecke oder Muelltonnen haben an einer Biegung Halt gefunden. Von jedem dritten Baum ist ein Riesenast abgebrochen, der nun die halbe Strasse blockiert. So geht es heute im Slalom zur Schule. Mein 9-Jaehriger beschwert sich ueber das Wetter. "Mama, warum ist es so windig?" Ich muss mich zusammenreissen, um ihm nicht ausfuehrlich zu erklaeren, dass es an der einziehenden Kaltfront liegt, wie ich es in meinem Meteorologie-Kurs an der Uni gelernt habe. Wie viele Regentage er in seinem Leben wohl gesehen hat? 10 oder 15?

Mit einem Kuesschen verabschiede ich mich von beiden Kindern, als sie in die Aula marschieren, wo man sich an Regentagen morgens versammelt. Auf dem 2-minuetigen Rueckweg zum Auto gruesse ich 12 der 500 Muetter und Vaeter, die ihre Kinder zur Schule begleiten. Wenn ich mich richtig erinnere, bin ich damals in Deutschland schon zur ersten Klasse alleine marschiert. Waren es frueher andere Zeiten oder lag es an der Kleinstadt, wo sich jeder kannte? Oder ist Paranoia die groesste Krankheit des 21. Jahrhunderts?